BMVI fördert Medifly Hamburg
15.12.2020
Medifly geht in die nächste Phase. In einer mehrmonatigen Testphase sollen in 2021 medizinische Güter durch das Hamburger Stadtgebiet mittels unbemanntem Luftfahrzeug transportiert werden. Bereits in 2020 konnte Medifly aufzeigen, dass der medizinische Gewebetransport per Drohne zwischen zwei Hamburger Krankenhäusern effizient und sicher ablaufen kann. Nun soll die Grundlage für einen Regelbetrieb geschaffen, weitere Strecken erschlossen und die Hamburger Bevölkerung im Rahmen von Informationsformaten in das Projekt involviert werden. Das vom Bund geförderte Projekt Medifly erhielt den Zuwendungsbescheid für zwei Jahre am 15. Dezember von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer in Berlin. Auch das Projekt SUCOM wird gefördert.
Bundesminister Andreas Scheuer: „Drohnen verbessern das Leben der Menschen in der Stadt und auf dem Land – ob in der Verkehrssteuerung oder Logistik, für medizinische Transporte, Umwelt- und Naturschutz, Landwirtschaft oder längerfristig als Flugtaxis. Damit in Zukunft möglichst viele Menschen davon profitieren können, haben wir einen Förderaufruf für innovative Drohnen-Projekte gestartet. Die Resonanz war enorm: Von mehr als 160 guten Vorschlägen fördern wir jetzt zwei weitere Projekte mit rund 2 Millionen Euro. Medifly 2 will mit schnellen Drohnentransporten die medizinische Versorgung erleichtern. SUCOM entwickelt ein Kommunikationssystem, um Drohnenflüge außerhalb der Sichtweite sicher steuern und kontrollieren zu können. Deutschland ist hier Vorreiter, so geht Innovation Made in Germany. Um diese führende Rolle auch für die Zukunft zu sichern, starten wir nächstes Jahr ein neues Förderprogramm für innovative Drohnen-Projekte. 15 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung. Ich freue mich auf viele Vorschläge und gute Ideen!“
Ziel von Medifly ist es, herauszufinden, ob der akute Transport medizinischer Gewebeproben mittels einer Drohne zuverlässig, sicher und wirtschaftlich erfolgen kann. Solche Gewebeproben – sogenannte Schnellschnitte – werden oft im Rahmen medizinischer Eingriffe entnommen und müssen noch während der Operation durch einen Pathologen untersucht werden. Nur so kann festgestellt werden, ob sämtliches krankhaftes Gewebe während des Eingriffs entfernt wurde. Dafür werden in der Regel mehrere Proben an unterschiedlichen Stellen entnommen, einzeln verpackt und zur Befundung in die Pathologie gebracht.
Tatsächlich verfügen die meisten Krankenhäuser heutzutage nicht mehr über eigene Pathologien, weshalb die Gewebeproben bislang mit einem Rettungswagen zur Pathologie eines anderen Krankenhauses transportiert werden müssen. Für die Dauer dieses Transports und der Befundung wird die Operation unterbrochen und erst wieder fortgesetzt, wenn das Ergebnis vorliegt. Die damit verbundenen Narkosezeiten könnten durch den Einsatz von Drohnen für den Gewebetransport deutlich verringert werden, da das Zielkrankenhaus auf dem Luftweg direkt und unabhängig von der Verkehrssituation am Boden angesteuert werden kann. Gleiches gilt für den Transport von eiligen Medikamenten.
Da die Drohnenflüge über städtischem Gebiet und zudem innerhalb der Kontrollzone des Hamburger Flughafens stattfinden, müssen für die Erprobung jedoch zunächst umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden. Insbesondere muss nachgewiesen werden, dass die automatisierten Flüge in dieser komplexen Umgebung sowie über bewohntem Gebiet und viel genutzten Verkehrswegen jederzeit sicher und zuverlässig durchgeführt werden können.
Im September 2020 ist die zweite Projektphase angelaufen, die bis August 2022 dauern wird. In dieser wird Medifly einen urbanen medizinischen Luftfrachtdienst in Form eines Regelbetriebs aufsetzen. Heißt: Im Rahmen einer mindestens sechsmonatigen Testphase sollen zwischen mehreren Krankenhäusern im Hamburger Stadtgebiet Flüge stattfinden, bei denen perspektivisch medizinische Güter wie Medikamente, Labor- und Gewebeproben transportiert werden sollen. Die Flüge sollen dann über längere Strecken und außerhalb der Sichtweite des Steuerers stattfinden, was insbesondere in der Stadt und in der Kontrollzone eines Flughafens regulatorisch eine besondere Herausforderung darstellt. Im Rahmen des Projekts sind im kommenden Jahr auch Informationsveranstaltungen für Bürger und eine Befragung vorgesehen, um mehr über die Einstellung der Bürger zu Drohnen zu erfahren. Hamburg ist Mitglied der europäischen Drohneninitiative „Smart Cities Marketplace – UAM“ und setzt sich dafür ein, dass Städte bei der Frage, welche Drohnenoperationen im städtischen Raum stattfinden, eine wichtige Rolle spielen müssen. Ziel ist ein fairer Ausgleich zwischen dem privaten und öffentlichen Interesse.
Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann: „Schon vor den aktuellen Herausforderungen hat der Luftfahrtstandort Hamburg Zukunftsfelder definiert. So glauben wir an das Potenzial, das in der sicheren Erprobung unbemannter Luftfahrtsysteme steckt – insbesondere für unsere Gesellschaft und die Anwender. Medifly zeigt als konkretes Beispiel auf, wie zeitkritische Logistik zwischen Krankenhäusern durch den Einsatz von Drohnen deutlich effizienter gestaltet werden kann und das in Hamburg sinnvolle und nachhaltige „Urban Air Mobility“-Lösungen für Bürger*innen gefunden werden. Wir sind stolz, als Stadt dieses Projekt „made in Hamburg“ gemeinsam mit weiteren starken Partnern aus Wirtschaft und Forschung voranbringen zu können.“
Zu den Projektpartnern gehören: Behörde für Wirtschaft und Innovation; FlyNex; GLVI Gesellschaft für Luftverkehrsinformatik; Hamburg Aviation; Logistik-Initiative Hamburg; Lufthansa Technik und ZAL Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung. Zu den assoziierten Partnern zählen die beteiligten Krankenhäuser Asklepios Kliniken Hamburg, Schön Klinik Eilbek, Bundeswehrkrankenhaus Hamburg und das Universitätsklinikum-Eppendorf (UKE) sowie die DFS Deutsche Flugsicherung und Intermed.